Von Neumann's Play Off Zur Seetauglichkeit von Wahlen, Spielen und Theorien im Wellenschlag selbstverwalteter Fördertöpfe |
Wahlexperiment und Diskussion Samstag 27.01.2007 wurde im Depot (Wien) der Frage nachgegangen, inwieweit als partizipativ (oder gar autonom) bezeichnete Entscheidungsstrukturen in Zusammenhang mit der Vergabe von Fördergeldern sinnvoll sein können. Welche Voraussetzungen wären grundsätzlich nötig, mit welchen Problemen und Gefahren muß gerechnet werden? Gibt es bereits vorhandene Erkenntnisse, auf die zurückgegriffen werden sollte, wenn man vermeiden möchte, das Rad abermals und diesmal versehentlich dreieckig zu erfinden? Im Sinn der Grundlagenforschung wurde zunächst ein von den Ökonom/innen Anita Gantner und Wolfgang Höchtl (beide Univ. Innsbruck) entwickeltes Wahlexperiment durchgeführt. Die Ergebnisse des Experiments wurden am Abend desselben Tages präsentiert. Davon ausgehend wurde im Anschluß eine Runde von Expert/innen um ihre Meinung gebeten. Unter der Leitung von Monika Mokre (Politikwissenschafterin, OEAW Wien) diskutierten Sylvia Eckermann (Digital Artist, Wien), Sylvia Kritzinger (Politologin, IHS Wien), Erich Neuwirth (Mathematiker, Statistiker, Univ. Wien) und Alfred J. Noll (Rechstanwalt, Dozent Univ. Wien). Der Anlass Seit Anfang 2006 wird von der Kulturabteilung der Stadt Wien im Bereich Netzkultur ein neues Fördersystem praktiziert, das Gegenstand heftigster Kontroversen ist. Die wesentliche, als innovativ gepriesene Neuerung besteht darin, die Zuteilung der Fördermittel von den betroffenen Kulturschaffenden selbst bestimmen zu lassen. Im vergangenen Jahr 2006 wurden dieser Art bei vier Wahlgängen bzw. Spielrunden Förderungen in Höhe von insgesamt 315.000 Euro vergeben (vgl. http://netznetz.net). Die Liste vorgebrachter Einwände und Kritikpunkte ist lang, der Umgangston bisweilen mehr als rau. Worin einige das Streben nach paradiesischen Zuständen in Selbstverwaltung und Partizipation erblicken, glauben andere institutionalisierten Sozialdarwinismus und die verschleierte Etablierung einer neuen, quasi hausgemachten Hegemonie zu erkennen. Eine Untersuchung der Rechtsgrundlagen erhebt massive juristische Einwaende und sieht das Vergabeverfahren im Widerspruch zum verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatz. Die zentrale Mailingliste gerät zum Sittenbild einer äusserst streitbaren 'Community', verbale Schlagabtäusche haben eine Klage zur Folge, ein Gerichtsverfahren ist anhängig. Das Experiment Während des Nachmittags wurden im Rahmen eines Wahlexperimentes zunächst die Eigenschaften eines Entscheidungssystems für die Verteilung selbstverwalteter Budgets aus ökonomischer Sicht wissenschaftlich untersucht. Die konkrete Versuchsanordnung wurde von Anita Gantner (ebenfalls Univ. Innsbruck) und Wolfgang Höchtl speziell für diesen Anlass entwickelt. Dieses Experiment diente vorrangig dazu, aufzuzeigen, welchen Beitrag die Ökonomik leisten kann, die Eigenschaften einzelner Vergabemechanismen und damit auch die Anreize, die sich strategisch verhaltenden Teilnehmern bieten, herauszuarbeiten. 20 Personen hatten sich als Testwählern/innen zu Verfügung gestellt. Den Gepflogenheiten der experimentellen Oekonomik entsprechend wurden zur S(t)imulierung der Motivationslage kleinere Geldbeträge ausgezahlt. Je nach Ausgang der Wahlrunden konnten pro Person in Summe zwischen 10.- und 15.- Euro lukriert werden. siehe auch: Das Wahlexperiment Das Referat Im Anschluß wurden die Ergebnisse des Experimentes in Windeseile ausgewertet und im Rahmen eines Referates von Wolfgang Höchtl präsentiert. siehe auch: Folien zum Referat und LIVE Mitschnitte Die Diskussion Kann die selbstverwaltete Vergabe von Fördergeldern überhaupt funktionieren? Wenn ja - unter welchen Voraussetzungen? Welche Entscheidungsstrukturen waeren nötig, welche denkbar? Ist es sinnvoll, FördernehmerInnen zu FördergeberInnen zu machen und den Kunstschaffenden die verbundenen Verwaltungsaufgaben zu übertragen? Sind Autonomie und Partizipation Werte an sich? Welche demokratiepolitischen Zusammenhänge und Bedeutsamkeiten bestehen? Wie steht es mit der Rechtssicherheit? Das sind einige der Fragen, die von den Ergebnissen des Wahlexperiments ausgehend, am Abend dieses Tages von Podium und Publikum diskutiert wurden. Die Podiumsteilnehmer/innen (von links nach rechts) Sylvia Kritzinger, Alfred J. Noll, Monika Mokre, Erich Neuwirth und Sylvia Eckermann. siehe auch: LIVE Mitschnitte Photos: © Mirjana Rukavina, licensed under Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs2.0
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