Von Neumann's Play Off Zur Seetauglichkeit von Wahlen, Spielen und Theorien im Wellenschlag selbstverwalteter Fördertöpfe |
Der Mensch als Wirtschaftssubjekt - Traditionelle und moderne Konzepte der Ökonomie Der homo oeconomicus Abstrakte Modelle Nun ist der Mensch aber meist nicht allein als Entscheidungsträger in einer gegebenen Situation, die ökonomische Realität ist ein Zusammenspiel vieler Akteure, ihrer Verhaltensweisen, ihrer Erwartungen und anderer unsicherer Ereignisse. Das Ergebnis einer Entscheidung hängt also nicht nur vom Entscheider selbst sondern auch von dem Verhalten aller anderen Menschen in dieser Situation ab. Demnach muss ein rationaler Entscheider diese Zusammenhänge berücksichtigen, um die für ihn optimale Entscheidung zu finden. Es wird hier schnell ersichtlich, dass die ökonomische Theorie Annahmen über Präferenzen und Verhalten der Akteure treffen muss, um überhaupt in der Lage zu sein, irgendwelche Vorhersagen in solch komplexen Situationen zu treffen. Da sich der homo oeconomicus nun rational verhält, kann er unter bestimmten Bedingungen das rationale Verhalten aller anderen Beteiligten voraussagen. Die Leitlinien für eine Vorhersage des Ergebnisses dieser Situation sind daher gegeben: jeder Akteur optimiert seine Entscheidung unter der Annahme, dass alle anderen Akteure ihrerseits dasselbe tun. Spieltheorie Jedoch wird die Situation bzw. das Spiel schnell sehr kompliziert, wenn man versucht, sich der Realität anzunähern. Es müssen immer mehr Annahmen über Verhalten, Information und Erwartungen der Akteure getroffen werden, um ein Spiel noch als lösbar darzustellen. So erreichen ökonomische Modelle ein hohes Maß an Komplexität, und nicht nur die Analyse an sich, sondern auch die blosse Anwendung fortgeschrittener mathematischer Methoden und formaler Instrumente sind für den Laien nicht mehr nachvollziehbar. Gleichzeitig jedoch steigen mit der Komplexität der Modelle auch die Anforderungen an die Kapazitäten der Entscheidungsträger innerhalb dieser Modellwelt. Den homo oeconomicus stört das aber nicht weiter, denn er ist ja per Annahme in der Lage, sich unter Berücksichtigung aller gegebener Informationen optimal zu verhalten. Das heisst, er kennt keine Grenzen in der Verarbeitung von Information, und keine Situation ist zu komplex, um vom Verstand dieses Modellentscheiders vollständig absorbiert zu werden. Wie nützlich solche Modelle sind, zeigt sich an der Gültigkeit und Allgemeinheit ihrer Aussagen. Sie müssen der Realität gegenübergestellt werden und zumindest in einem kleinen Ausschnitt derselben einen Prognosecharakter vorweisen können. Nicht immer jedoch kann die ökonomische Theorie mit ihrer Standardannahme der individuellen Nutzenmaximierung in der Realität beobachtete Phänomene erklären. Dies trifft nicht nur für kaum vorhersehbare Börsencrashs zu, sondern auch für ganz simple Situationen mit wenigen Akteuren und überschaubarer Struktur. Woran scheitert die Modellwelt? Die Crux liegt in den Annahmen über Motivation, Erwartungen und Verhalten der Hauptakteure. Ökonomie ist Sozialwissenschaft, und als solche muss sie sich mit den Eigenheiten des Menschen und der menschlichen Interaktion auseinandersetzen. Menschen sind keine programmierten Maschinen, die exogene, unveränderbare Präferenzen haben, und die sich in vergleichbaren Situationen immer gleich verhalten. Sie werden auch von Gefühlen wie Altruismus, Rache, Angst oder Großmut geleitet, die nicht nur für Psychologen von Interesse sind, sondern gleichermassen auch für Ökonomen. Experimentelle Ökonomik Zur Veranschaulichung soll ein konkretes Beispiel aus der Verhandlungstheorie dienen: Zwei Spieler sollen sich einen Geldbetrag von 10 Euro teilen. Die Spielregeln besagen, daß Spieler 1 das Vorschlagsrecht hat, d.h. er bietet Spieler 2 einen Geldbetrag an. Spieler 2 kann diesen Betrag nun annehmen, und jeder Spieler erhält dann den entsprechenden Betrag gemäß des Vorschlags von Spieler 1. Spieler 2 kann jedoch auch ablehnen, dann gehen beide leer aus, d.h. der Betrag verfällt. Ein einfaches Spiel, das sogenannte Ultimatumspiel, mit einer einfachen spieltheoretischen Lösung: Spieler 1 behält fast den gesamten Betrag für sich und bietet Spieler 2 nur einen Cent an, dieser nimmt dieses Angebot an. Wieso ist das die spieltheoretische Lösung? Unter der Annahme, dass beide Spieler nur an monetären Auszahlungen interessiert sind, hat Spieler 2 keine grosse Wahl: wenn er ablehnt, erhält er überhaupt nichts, und da ein Cent besser ist als nichts, sollte er den lieber annehmen. Spieler 1 antizipiert dieses Verhalten und bietet daher auch nur den einen Cent, da er selbst nur an seiner eigenen Auszahlung interessiert ist und keinen Grund hat, freiwillig mehr wegzugeben. An diesem einfachen Beispiel wird bereits das Dilemma der Diskrepanz zwischen Theorie und Realität ersichtlich. Wer sich in die Situation eines dieser Spieler hineinversetzt, wird sehr wahrscheinlich anders argumentieren als es die Spieltheorie unter Annahme rein monetärer Auszahlungsmaximierung tut. Was, wenn der andere Spieler nicht so rational ist? Wenn er einen Cent als Beleidigung auffasst und ablehnt, dann erhalten beide nichts. Das ist für Spieler 2 weniger schmerzhaft als für Spieler 1, denn letzterer würde einen viel grösseren Betrag verlieren. Die Angst vor dem möglichen Verlust kann Spieler 1 veranlassen, mehr anzubieten als es die Theorie vorhersagt. Und genau das zeigen auch die Ergebnisse unzähliger experimenteller Untersuchungen. Teilnehmer in der Rolle von Spieler 2 geben meist kleine Beträge auf und lehnen niedrigen Angebote von Spieler 1 ab, um diesen für seine Gier zu bestrafen. Andererseits bieten Teilnehmer in der Rolle von Spieler 1 dem Mitspieler viel grössere Beträge, als die Theorie vorhersagt. Viele Spieler betrachten den Vorschlag, den Geldbetrag in zwei gleiche Teile aufzuteilen als ein faires Ergebnis. All diese Überlegungen haben in der herkömmlichen ökonomischen Theorie jedoch keinen Platz. Sie machen die Modelle viel unüberschaubarer, und elegante mathematische Theorien schienen sich einfach besser zu verkaufen. Doch kommt heute kein Ökonom mehr an diesen Einwänden vorbei, und die experimentelle Evidenz, die den theoretischen Modellen widerspricht, ist überwältigend. Alternative Modelle verwenden Konzepte der eingeschränkten Rationalität, um die Motivation des ökonomischen Entscheiders zu beschreiben, in denen auch Fairness, relativer Status oder Reziprozität einen Platz haben. Es scheint, als würden sich die Ökonomen wieder darauf besinnen, daß der Mensch im Mittelpunkt ihrer Wissenschaft steht. Anita Gantner, Innsbruck 2006 |
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